Fr, 06.01.2023
DBV und Landvolk sehr besorgt über Vorschläge des BMEL zum Umbau der Tierhaltung – Enttäuschende Marktrealitäten verschärfen die Debatte ums Tierwohl
Der Tierhaltungsstandort Deutschland steht durch die in den letzten Wochen und Monaten vorgelegten Eckpunktepapiere und Gesetzesentwürfe in großer Gefahr. Dies haben sowohl das Landvolk als auch der DBV in dieser Woche stark kritisiert.
Statt den allgemein anerkannten ‚Borchert-Plan‘ ganzheitlich umzusetzen, wird dieses Konzept in einer Art Salamitaktik zerstückelt und verfälscht, so dass es nicht nur wirkungslos wird, sondern vor allem den Tierhaltern die Perspektiven für Investitionen nimmt. Dazu gehören der mit großen Lücken versehene Entwurf eines Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes, der Referentenentwurf zur Änderung des Baugesetzbuches, zuletzt die Eckpunkte für ein Bundesförderprogramm zum Umbau der Tierhaltung, das völlig unzureichend finanziert ist, sowie die Eckpunktepapiere zur „Mindestanforderungen an das Halten von Mastputen“ und „Mindestanforderungen an das Halten von Junghennen, Legehennen-Elterntieren und Masthühner-Elterntieren sowie „Bruderhähnen“.
Die im Eckpunktepapier Bundesförderprogramm zum Umbau der Tierhaltung vorgesehenen Obergrenzen sind völlig unannehmbar. Beispielsweise soll die Förderung auf Betriebe mit maximal 200 Sauen je Betrieb begrenzt werden. Dadurch würden mehr als drei Viertel der Sauenhaltung aus der dringend notwendigen Tierwohlförderung ausgeschlossen. Auch bei den Mastschweinen ist eine Förderobergrenze von 3.000 verkauften Tieren pro Jahr inakzeptabel. Alles zusammen ist das kein Programm zum Umbau, sondern zum Abbau der Tierhaltung. Das BMEL wurde aufgefordert, praktikable Regelungen für eine zukunftsfähige Tierhaltung im Sinne des „Borchert-Plans“ vorzulegen und umzusetzen.
Landvolk-Vizepräsident Ulrich Löhr, zugleich Vorsitzender des DBV-Fachausschusses Eier und Geflügel, ist angesichts der vom BMEL vorgelegten Eckpunktepapiere zur Geflügelhaltung sehr besorgt: „Die in diesem Entwurf enthaltenen Platzvorgaben katapultieren vor allem die deutschen Putenhalter aus dem Wettbewerb im EU-Binnenmarkt und führen die heimische Putenhaltung ins Aus. Statt mehr Tierwohl in Deutschland würde mehr Geflügelfleisch importiert. Die deutschen Geflügelhalter stehen zum Umbau der Tierhaltung, aber das geht nur mit einem ganzheitlichen Konzept“, so Löhr.
Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers äußert zudem Kritik an Teilen des Lebensmitteleinzelhandels
Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die „Initiative Tierwohl“ (ITW) zwar ein erfolgreiches wirtschaftsgetragenes Konzept ist. „Leider müssen wir auch hier feststellen, dass sich viel mehr Landwirte beteiligen möchten, als Nachfrage nach dem Label vorhanden ist. Teilweise werden den Schweinehaltern sogar die Verträge gekündigt oder nicht fortgeführt“, sagt Ehlers.
Es müsse endlich gelingen, auch die Gastronomie und deren Lieferanten wie zum Beispiel den Großhändler Metro mit ITW-Fleisch zu beliefern. Gemachte Zusagen des Handels müssten eingehalten und „Schlupflöcher“ für Billigware gestopft werden, damit die Initiative Tierwohl nicht als „Feigenblatt“ missbraucht werden kann. Ehlers: „Es ist nicht hinnehmbar, dass die Edeka-Gruppe, so ist zu beobachten, offenbar seine Discountertochter Netto dazu nutzt, neben billiger Filetware auch andere Fleischprodukte an Tierwohlvorgaben vorbei zu lenken.“
Die Verbände erarbeiten zur Zeit Stellungnahmen zu den vorgelegten Papieren. Zugleich soll die bevorstehende Internationale Grüne Woche für politische Gespräche zu diesen Themen genutzt werden.
Die Pressemeldungen des Landvolks und des DBV vom 05.01.2023 finden Sie hier:
https://landvolk.net/lpdartikel/zukunft-der-tierhaltung-unmut-der-landwirte-waechst/
https://www.bauernverband.de/topartikel/tierhaltungsstandort-deutschland-erhalten
(06.01.2023)